Konsequenz lohnt sich

Die magische Kraft der kleinen Schritte

Einige Wochen waren seit dem Abend bei Claudia bereits ins Land gezogen und die Vorstellung eines halb leeren Tellers war mir inzwischen sehr geläufig geworden. War auch nur etwas zu viel aufgetragen, verspürte ich eine Art Völlegefühl bereits beim Ansehen. Vor allem bei Kohlehydraten, wie Zucker, Weißbrot und Auszugsmehl konnte ich mich schon bestens zurückhalten. So hatte ich den Kaffeekonsum auf eine Tasse am frühen Nachmittag reduziert und ließ neben Milch und Koffein nun auch den Zucker weg. „Americano decoff’” nennt der Coffeeshop diese Zubereitung und ich spürte, wie ich energiereicher durch den Tag ging, seit ich mich auf „Koffeinfrei ohne Alles“ beschränkt hatte.

.Mit den kleinen Snacks zwischendurch hatte ich auch aufgeräumt. Statt sündteurer Erzeugnissen aus der Bäckerei hatte ich, die Gunst der Saison nutzend, auf Früchte umgestellt. Statt Apfelstrudel genieße ich den ganzen Apfel, statt Birne Helene die ganze Birne samt Kerngehäuse und Schale und von der „Heißen Liebe“ bleiben nach Entfernung von Eis, Sahne und Vanilleeis frische Himbeeren übrig, deren zartes Aroma durch die natürliche Säure sehr viel frischer anmutet als die meist stark gezuckerte Himbeersoße, die für das Heiße in der Liebe sorgen soll. 

Den fehlenden Kaffee ersetzt eine handliche Thermosflasche, in der ich je nach Witterung Wasser mit einem Spritzer Zitronensaft, Ingwertee oder gekühlten Früchtetee dabei habe. Der weitgehende Verzicht auf Zucker fühlt sich gut an und obwohl es auf der Waage nur in kleinen Schritten nach unten geht, fühle ich mich lebendiger und belastbarer.

Inzwischen mache ich im Supermarkt einen großen Bogen um die Regale mit den süßen Verführungen und verweile länger bei Obst und Gemüse, wo ich vor allem nach dem Angebot der Saison Ausschau halte. Kürzlich entdecke ich sehr zu meiner Freude, dass am Bauernmarkt, zu dem ich meine Mutter oft begleitet hatte, noch immer frisch Geerntetes aus der Region feil gehalten wird.

Die beste Zeit für meinen Markt ist sechs Uhr morgens. Die frühe Sonne lässt die gesamte Auswahl des frischen Gemüses in den prächtigsten Farben leuchten. Die guten Tipps zu den aktuellen Besonderheiten helfen mir sehr, mich im Angebot zurecht zu finden und das gibt mir auch immer häufiger die Gelegenheit, neue oder lang vergessene Rezepte auszuprobieren.

Auf diese Weise hat sich mein gesamter Speiseplan beinahe unmerklich neu aufgestellt. Die feinen Nuancen, mit denen sich Gemüse zu köstlichen Gerichten zubereiten lässt, erschließen sich mir langsam. Wie der Brokkoli bissfrisch und knallgrün auf den Teller kommt, wie mit Gewürzen aus einem schlichten Gemüseteller eine kleine Sensation wird und wie richtig behandeltes Obst jedes Mahl wie selbstverständlich abschließt, hat sich mir erst nach dem weitgehenden Verzicht auf Fleisch erschlossen.

Nun funktioniert auch die Verdauung wieder und die Durchhänger nach den Mahlzeiten haben den berühmten 1000 Schritten Platz gemacht. Statt an der nächsten Haltestelle auf den Bus zu warten, gehe ich die tausend Schritte zur über-über-nächsten und genieße auf dem Weg den Tag, das Leben und die kleinen Veränderungen in den Vorgärten der Häuser, an denen ich vorüber komme. Eine ganz besondere Überraschung bereiten mir die zahlreichen Düfte. Vom schweren Duft exotischer Blüten über den zarten frisch gemähten Grases bis zu den Parfüms der Entgegenkommenden berichtet meine Nase intensiver denn je, was gerade in der Luft liegt.

Claudia hatte es mir schon zu Beginn meines Wegs prophezeit und wie immer recht behalten: 50 Gramm pro Tag leichter zu werden fühlt sich gut an. Das sind über den Monat immerhin 1,5 kg mehr Lebensqualität, die ich gewinne, während ich sie verliere. Besonders motivierend sind die Komplimente, die ich in der letzten Zeit erhalte. Meine Mitmenschen bemerken die Veränderung wohl stärker als ich, die ich mich ja täglich im Spiegel sehe. Aber die 50 g pro Tag machen über einige Monate schon einigen Unterschied. So wie die Schritte leichter werden und sich der Rücken strafft steigt mein Wohlgefühl und das beobachten auch meine Kollegen in der Arbeit, meine Friseurin und nicht zuletzt Dorothea, deren höfliche Bewunderung für meinen aktiven Lebensstil der ehrlichen Begeisterung über die Umstellung meines Lebensstils gewichen war.

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