Nahrung ist Energie

Ernährung und Aktivität in Einklang bringen

Den Aufstieg zu Dorotheas Dachwohnung hatte ich noch in unangenehmer Erinnerung, als ich vor dem Besuch der Freundin noch schnell ein paar Schrauben am Esstisch nachziehen wollte. Erst hatte ich Mühe, überhaupt unter den Tisch zu kommen. Dann lief mir während des Schraubens der Schweiß brennend in die Augen und als ich aufstehen wollte, blieb ich wie ein Sack Kartoffeln auf dem Rücken liegen. Erst nachdem ich mich auf den Bauch gewälzt hatte, konnte ich mich auf die Knie und dann endlich wieder zu voller Größe erheben. Keine Sekunde zu spät, denn es läutete bereits an der Tür.

Völlig verschwitzt und außer Atem öffnete ich Dorothea, die zum Kaffee gekommen war, was mir ihre Bewunderung für meinen aktiven Lebensstil eintrug. Lorbeeren für meine ausufernden Dimensionen? So konnte es nicht weitergehen! Nach dem Kaffeeplausch setzte ich den nächsten Schritt direkt auf die Waage. Mein vom Computer berechneter BMI von 34,2 machte die Sache klar und die wollte mit Claudia, meiner früheren Tennispartnerin und nunmehrigen Hausärztin, besprochen werden. Wie gewohnt nahm sie sich kein Blatt vor den Mund:

„Mit jedem Häppchen, mit dem du es dir gut gehen lässt, führst du dem Körper Energie zu. Da der Körper von Natur aus sparsam ist, speichert er jeden Bissen, der nicht unmittelbar für körperliche oder geistige Leistungen nötig ist, als Reserve für später. Die zwei Möglichkeiten, das Einlagern von Energie zu unterbinden, sind ein höherer Verbrauch oder die Reduktion der Kalorien, wobei man Kalorien über die Größe der Portionen oder deren Energiegehalt beschränken kann.“

Also kurz gesagt stellte mich Frau Doktor vor die Wahl zwischen mehr Aktivität, um die aufgenommene Energie sofort zu nutzen, bei kleineren Portionen hungern oder  kalorienärmere Mahlzeiten, um bei guter Sättigung weniger Energie zu mir zu nehmen.

„Am Besten,” so fuhr Claudia fort, „hat sich eine Kombination aus allen drei Möglichkeiten bewährt. Die Anpassung der Essgewohnheiten an den tatsächlichen Bedarf einerseits und ein aktiverer Lebensstil andererseits.“

Gemeinsam stellten wir ein grobes Gerüst zusammen, an dem ich mich orientieren sollte. Als Häppchen zwischendurch kam Obst und Gemüse auf die Liste. Äpfel, Birnen, Weintrauben, Bananen: Obst enthält viel Wasser und sättigt daher bei moderatem Fruchtzuckergehalt. Das selbe gilt auch für Rohkostgemüse wie Kohlrabi, Gurken oder Möhren bei noch weniger Fruchtzucker und einem höheren Anteil an Ballaststoffen. Diese Naturprodukte können gut gelagert werden, was eine fast uneingeschränkte Verfügbarkeit gewährleistet und die mit rohem Obst und Gemüse aufgenommenen Vitamine und Spurenelemente ersparen einige teure Nahrungsergänzungsmittel. Drei Fliegen auf einen Streich.

„Auf jeden Fall,” setzte Claudia mit ernster Miene fort, „solltest du dich von Kohlehydraten fern halten. Reis, Kartoffeln, Nudeln und Backwaren aller Art enthalten enorm viel Energie. Der Magen verlangt nach mehr, obwohl schon genug Energie aufgenommen wurde. Am Besten beginnst du jede Mahlzeit mit einem Glas Leitungswasser und einem Teller Suppe. Langsames Essen beugt übrigens auch dem Völlegefühl vor. Weil die Nahrung auf ihrem Weg durch die Speiseröhre Zeit benötigt, sind noch Bissen auf dem Weg, wenn der Magen schon ’satt’ meldet.“

Nahrungsmittel mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen, wie Blattsalate, Karfiol, Brokkoli oder Kraut machen mit weniger Kalorien satt und verbessern auch die Verdauung. Proteine von Eiern, Soja, Bohnen und Linsen sollten jede Mahlzeit ergänzen. Claudias blaue Augen trafen mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel: „Knabberst du auch beim Fernsehen?“

Da half nichts, da mussten die Karten auf den Tisch. Zum Fernsehen hatte ich mir letzte Woche drei Packungen Chips gegönnt, die mit Salz, die mit Knoblauch und die mit Paprika. Natürlich hatte ich die Chips auf einen Teller geschüttet und die halbe Packung gut verschlossen zurück in den Schrank gelegt, aber am Ende der Woche waren doch alle drei Packungen verschwunden.

Claudia nickte wissend: „Industriell produzierte Nahrungsmittel werden häufig mit Zucker oder Salz, meist mit beidem, als Geschmacksverstärker gewürzt und enthalten daher weit mehr Energie, als man glaubt. Durch das Salz steigt auch der Durst und wenn der mit Limonaden gelöscht wird, nimmt man noch mehr Zucker auf. Von allen medizinischen Bedenken bei hohem Zuckerkonsum abgesehen, nimmst du beim Knabbern sehr viel Energie auf, die du nicht verbrauchen kannst und die daher in Fettpölsterchen eingelagert wird.

Auch hier gab es von Claudia die Empfehlung, Gemüse zum Knabbern zu bereiten. „Du kannst eine Gurke mit dem Raffelmesser schnell in dünne Scheiben schneiden, leicht salzen und hast einen gesunden Snack, der mehr Kalorien beim Verdauen benötigt, als er dem Körper zuführt“. 

Es ist schwierig, mit einer Ärztin zu diskutieren, die auch noch eine gertenschlanke Vorzeigehausfrau ist.

Das kostenlose Abo
Newsletter-Abonnements verwalten
Wählen Sie das gewünschte Abonnement.
Jederzeit informiert, jederzeit kündbar.
Die E-Mail-Adresse, die den Newsletter erhalten soll.
CAPTCHA
Image CAPTCHA
Tragen Sie die Zeichen ein.
Mit dieser Frage schützen wir ihre E-Mail Adresse.