Verzicht ohne Mangel

Ganz einfach leichter

Seit meinem Treffen mit Claudia waren nun schon zwei, seit dem Absetzen der alltäglichen Snacks bereits drei Wochen vergangen. Als ich gerade etwas Zeit hatte, rechnete ich nach, was ich an Energie nicht zu mir genommen oder sogar mehr verbraucht hatte.

Das Ersetzen der Fernseh-Chips samt Schokolade durch Gewürzgürkchen sparte sagenhafte 3299 kcal pro Woche. Leitungswasser mit Magnesium und Calcium Tabletten statt Sprite kostete statt 10 Euro nur 50 Cent pro Woche und sparte 370 kcal. Mit dem Ersatz der Schinken-Baguettes durch Dinkel-Doppeldecker mit Rauchschinken und Meerrettich verbrauchte ich nochmal 1261 kcal pro Woche weniger und sparte weitere € 8,20 gegenüber dem Kantinenpreis. Durch den Ersatz der Frühstücksbrötchen mit Nutella kamen weitere 557 kcal vom Speckkonto und damit hatte ich ein Zwischenergebnis:

Pro Woche hatte ich unglaubliche 5400 kcal nicht verschlungen und 20 Euro gespart. Noch unglaublicher war, dass mir keine der Einsparungen schwer gefallen war. Im Gegenteil, ich war sensibler geworden und hatte daher auch meinen Kaffee auf ein Stück Zucker reduziert.

Eine Wiederentdeckung konnte ich ebenfalls vermerken: Gut eine Stunde vor den Mahlzeiten begann mein Magen wieder zu knurren. Das hatte er in den letzten Jahren unterlassen und nun erschien mir das Knurren nicht mehr als bedrohliche Warnung vor dem nahenden Hungertod, sondern im Gegenteil prickelnd leicht, sozusagen als Ankündigung einer köstliche Mahlzeit. Wobei ich mich bemühte, jede Mahlzeit mit einer Suppe zu beginnen. Der Hauptgang konnte dadurch etwas kleiner gehalten werden. Es gelang mir unerwartet gut, langsam kauend und dadurch weniger zu essen.

Statt lähmender Schläfrigkeit nach dem Essen brachten die kleineren Portionen Munterkeit in die Arbeit, erhöhten meine Leistungsfähigkeit und machten mich ruhiger und ausgeglichener, selbst wenn die Anforderungen wieder jeden Rahmen sprengten.

Und wenn der Magen doch etwas zu laut wurde, besänftigte ihn ein Schluck Wasser mit Magnesium und Kalzium Tabletten aus meiner stylischen Trinkflasche. Die dadurch mehr aufgenommene Flüssigkeitsmenge und das Magnesium stabilisierten meine Verdauung auf geradezu magische Weise und der Verzicht aufs Auto schenkte mir täglich 1800 Schritte unter freiem Himmel, die nicht bloß 880 kcal mehr Energie benötigten, sondern auch meinen Kreislauf in Schwung brachten.

Das Tolle am Fußweg nach Hause war die Möglichkeit, in den kleinen Läden, vor denen ich zuvor im Stau gefangen war, Neues zu entdecken. Zum Beispiel einen Gewürzladen, bei dem ich Kreuzkümmel und Currypulver frisch gemahlen mitnahm, um meine Gewürzgürkchen geschmacklich aufzuwerten. Oder einen Bio-Laden, bei dem ich natürliches Dinkelbrot ohne die überall übliche industrielle Backmischung kaufen konnte. Mir wurde bewusst, wie sehr sich in nur drei Wochen mein Lifestyle verändert hatte.

Nach einer Tasse Kräutertee aus frischen Blättern , den ich ebenfalls im Bio-Laden entdeckt hatte, fasste ich mir ein Herz und stieg mit geschlossenen Augen im Badezimmer auf die Waage. Nach dem kurzen „Piep” öffnete ich langsam erst ein Auge, dann das andere und dachte, die Waage wäre kaputt: sie zeigte nur noch zwei Stellen an. All die Jahre hatte sie locker 100 Kilogramm ohne Mucken gemessen und nun beschränkte sie sich auf Neunundneunzigkommaeins Kilogramm.

Auch mehrfaches Nachmessen änderte nichts an der Jubelmeldung. Ich war in nur drei Wochen tatsächlich wieder zweistellig geworden und hatte 110 Gramm pro Tag abgenommen, ohne dass mir etwas gefehlt hätte. Im Gegenteil, ich war aktiver geworden, belastbarer, schlief besser und hatte eine Verdauung, nach der ich die Uhr stellen konnte. Die geregelte Verdauung war wohl ein Teil des Erfolgs, einiges an Wasserverlust, weil mich der Heimweg bergauf doch immer noch ordentlich in Schwitzen brachte, und natürlich tat meine Aufmerksamkeit beim Vermeiden von energiereichen Mahlzeiten das ihre.

Wenn es etwas zu feiern gibt, sollte man die Gelegenheit nutzen. Und so wurde unser Abendessen zu einem erfrischend leichten Beisammensein und der Fernseher blieb aus. Wir spielten nach langer Zeit wieder „Mensch ärgere dich nicht” im Kreis der Familie und ich genoss die gemeinsame Zeit im Kreis meiner Lieben mit guten Gesprächen und lustigen Kämpfen auf dem Spielbrett.

Zwischendurch naschte ich doch wieder Chips aus der Familienschüssel, aber zu meiner Enttäuschung — oder Erleichterung? — schmeckten sie nicht mehr. Zu salzig, zu trocken und zu fad, wenn man nur lange genug darauf herum kaute. Nein, da blieb ich lieber bei meinen mit Kreuzkümmel-Curry veredelten Gürkchen, die inzwischen auch andere Familienmitglieder anlockten. Weit vor Mitternacht war ich schon im Bett und freute mich wie seinerzeit vor Heiligabend auf den nächsten Tag, denn da hatte ich mir noch etwas Neues vorgenommen.

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